Eine Fabel zum Nachdenken...
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"Wie das TeleSchlürf aussieht...?
Einfach die eigene Phantasie benutzen!
Wir kennen alle eins..."Es war einmal ein ziemlich bequemes Geschöpf, das Tag und Nacht vor dem Fernseher lag und wahllos alles in sich aufsaugte, was die Medienlandschaft zu bieten hatte. In Fachkreisen nannte man es das TeleSchlürf. Das TeleSchlürf hatte ein freundliches, denkfaules Wesen und war bei den FernsehMachern äußerst beliebt. Es kritisierte nicht, nein... es konsumierte. Das brachte gute Einschaltquoten, und gute Einschaltquoten bringen GELD. Mit der Fernbedienung in der Hand, dem weichen bequemen Sofa unter seiner Längsseite und dem Tisch voller Süßigkeiten neben sich, fühlte sich das TeleSchlürf in seinem Element.
Eines Tages geschah es aber, dass das Tele-Schlürf ungewollt einschlief. Wer hatte versagt? ***KRISENSITZUNG***
Das würde ein Nachspiel geben... schließlich fühlte man sich der "Rund-um-die-Uhr-Betreuung" seiner Zuschauer verpflichtet, damit sie nicht auf die Idee kamen, selbstständig zu denken.*****
Aber zurück zum TeleSchlürf.
Es versuchte zwar noch, sich an seiner Fernbedienung als "Rettungsanker" festzuklammern, aber jemand meinte es gut mit ihm und es fiel in einen langen fernsehfreien Schlaf. Seine fernsehmüde Seele machte sich auf den Weg ins TraumLand...Verwirrt blickte es um sich, als es sich auf einer grünen Wiese wiederfand.
„Ohjeeee...!“ Entsetzt hielt es sich beide Hände vor's Gesicht, weil es beim Fernsehen gelernt hatte, wie schädlich Luft heutzutage ist. Gleichzeitig machte es kleine ungelenke Hüpfer, um der Natur zu entkommen... fiel aber immer wieder mit einem lauten „platssssch“ auf den Boden der Tatsachen zurück. Die Hüpfer machte es so lange, bis sich dicke Schweißperlen auf seiner Stirn zeigten und es die Sinnlosigkeit seiner Anstrengung erkennen musste. Erschöpft gab es auf. Zu mehr Körpereinsatz war es nicht fähig, denn die Zeit als TeleSchlürf hatte seine Körperdimensionen zu seinen Ungunsten verändert.„Huuunger...!“, seufzte es nach dieser unfreiwilligen Betätigung. Aber was es erblickte, ließ es zutiefst bekümmert aussehen. Es gab nur Bäume, Sträucher und anderes Grünzeug, aber weit und breit nichts zu essen. Jedenfalls nichts von dem, was es unter „Essen“ verstand. Tiefe Sorgenfalten gruben sich in seine Stirn. Während es sich seine Rettung aus höchster Hungersnot ausmalte, hörte es plötzlich Stimmen, die näher kamen. Mit wirklichen Menschen hatte es in seinem Fernseh-Alltag eher weniger zu tun. Neugierig blickte es um sich...
Lachende Kinder liefen über die Wiese. An einem der Bäume hielten sie an, um Äpfel zu pflücken. Die Kinder trugen die gepflückten Äpfel in einer mitgebrachten Decke zu einem sonnigen Platz, setzten sich rings um die Äpfel und fingen an zu essen, was das Zeug hielt. Sie schienen ihnen gut zu schmecken.
Das erinnerte das TeleSchlürf an den eigenen knurrenden Magen und Wasser lief ihm im Mund zusammen... Äpfel! Wie lange hatte es keine Äpfel mehr gegessen? Es konnte sich nicht erinnern. Äpfel standen nicht auf seinem Speiseplan. Sie waren hart und mussten gekaut werden. Das TeleSchlürf bevorzugte weiche Nahrung, die es achtlos während des Fernsehens herunterschlucken konnte.
Als die Kinder das TeleSchlürf bemerkten, fingen sie an zu kichern...
„Wie siehst du denn aus?“, fragte einer der Jungen und schob seine Kappe aus der Stirn.
„Iiiich...?“, fragte das TeleSchlürf. Es wurde nicht oft gefragt. Es sah an sich hinunter und überlegte.
„Najaaa...“, meinte es nach geraumer Zeit, „meine Kleidung ist bequem.“
„Damit dein Bauch Platz hat“, kicherte ein Mädchen mit blonden Zöpfen.
„Warum bist du so dick?“, fragte ein anderes Mädchen unverblümt.
Das TeleSchlürf errötete und senkte seinen Blick... wobei sein Bauch ihm die Sicht auf die Füße versperrte.
„Hier!“, rief das Mädchen mit den blonden Zöpfen und reichte ihm ein paar Äpfel.
„Daaanke...!“, freute es sich und biss hungrig hinein. Der Geschmack war gewöhnungsbedürftig. Frische Äpfel schmeckten anders als seine gewohnte Plastiktütennahrung. Aber der Hunger half nach. Während es sich auf die Wiese setzte und ihm Apfel auf Apfel besser schmeckte, rollten die Kinder ihre Decke zusammen und rannten lachend weiter.
„Böööööääää...!“, rülpste das TeleSchlürf, das wider Erwarten von den Äpfeln satt geworden war.Da es nicht wusste, was es ohne Fernsehgerät tun könnte, legte sich auf die Wiese. Liegen war ihm vertraut.
Seine Augen folgten den langsam dahinziehenden Wolken am Himmel und es betrachtete die Schmetterlinge, die wie bunte Farbtupfer vor der großen blauen Himmelsleinwand vorbeiflogen. Seine Ohren hörten das Plätschern des Baches und das Singen der Vögel in den Bäumen. Es roch den Duft der Sommerblumen und Apfelbäume und seine Hände fühlten das weiche Gras der Wiese. Seine Nase wurde von Sonnenstrahlen gekitzelt und in seinem Bauch breitete sich ein angenehmes Glücksgefühl aus.
„Schöööön...!“, seufzte es nach einer Weile und freute sich. Es freute sich so sehr, dass es aufstand und in der Richtung über die Wiese spazierte, in der die Kinder verschwunden waren. Ihr Lachen hatte ihm gefallen. Das TeleSchlürf lachte nur, wenn die Fernsehsendung es vorsah, aber nicht, weil es selbst etwas erlebte, das zum Lachen war. Darüber hatte das TeleSchlürf nie nachgedacht und es kam sich ein bisschen wie ein "Entdecker einer anderen Welt" vor...Mit dem Lachen der Kinder ihm Ohr lief das TeleSchlürf... und es lief und lief und hörte gar nicht mehr auf zu laufen. Erst nach langer, langer Zeit bemerkte es, dass seine Füße schmerzten und es sah an sich hinunter
„Was ist das?“, rief es erstaunt. „Ich kann meine Füße sehen... Ich kann meine Füße sehen...!“, wiederholte es. Irritiert fasste es sich an den Bauch, der nicht mehr da war. Langsam begriff das TeleSchlürf: Bewegung macht schlank. Und es lachte und lachte und hörte gar nicht mehr auf zu lachen...*****
Hilfeeee...!“, schrie es im nächsten Moment und riss die Augen weit auf, während seine Hände über seinen dicken Bauch strichen.Was war geschehen? Eigentlich nichts Besonderes!
Das TeleSchlürf war aus seinem Traum aufgewacht und befand sich wieder im normalen Leben mit dickem Bauch, den es sich in jahrelanger Bewegungslosigkeit vor dem Fernseher angefressen hatte. „Der Mensch lebt sich zu Tode...!“, erkannte es in genialer Einfachheit und drückte entschlossen auf das „Aus“ der Fernbedienung. Dann holte es eine große Tüte und wischte seine Nahrungsvorräte ebenso entschlossen mit einer einzigen Armbewegung vom Tisch in die Tüte. Und weil es immer noch das Lachen der Kinder im Ohr hatte und sein Bauch ihm nicht mehr gefiel, brachte es die vollgepackte Tüte umgehend zum Abfallcontainer.Das war die Geburtsstunde eines neuen Menschen.
Das TeleSchlau war geboren, und das ist wirklich schlau. Es entscheidet selbst und bewusst, was es sehen will, denn es hat eine wunderbare Entdeckung gemacht: Den Ausschaltknopf des Fernsehgerätes... der synonym für jeden anderen Ausschaltknopf steht, denn:
MANIPULATION und ÜBERWACHUNG
werden dank rasant wachsender Massenmedien immer einfacher.copyright © rena lessner / 13. juni 2008